10|01|Die Kolumne des Pädagogik Visionärs

Liebe INHR-Leser, -Sympathisanten und -Kritiker!

Da staunt der Sozialpädagoge und Pädagogik Visionär Stephan Tiefenbacher über Lothar Kannenberg nicht schlecht: „Wenn Du Dir selber Respekt geben kannst, kannst du auch anderen Respekt geben. Und dann wird alles funktionieren“, nuscheln Sie. Dafür hat der Sozialpädagoge unzählige Semester lang die Schulbank gedrückt. Und Sie sagen das einfach so. Respekt!
Respekt, was für ein Wunderwort. Eines, das Ihre Jungen vermutlich täglich auf der Straße gebrauchen, dass sie aber noch nie umsetzen mussten. Was für Bubis: mit Stupsnasen, X-Beinen und hektischer Röte auf den bartlosen Wangen. Doch das Kindchenschema täuscht, diese Teenager haben mehr Straftaten hinter sich als Pickel auf der Stirn. Und nun, kurz vor Knast, die letzte Umkehrmöglichkeit: „Das Erziehungscamp“ auf RTLII.

Sechs Folgen lang begleitet die Kamera den gelernten Fleischer Lothar Kannenberg (Ex-Alkoholiker, Ex-Junkie, Ex-Boxer) und seine Kleinstkriminellen auf dem zähen Resozialisierungsprozess. Wecken um 5.55 Uhr, Joggen, Zähneputzen im Freien und in der Gruppe. Immer wieder Liegestützen und Kniebeugen. Rennen bis zur Erschöpfung statt geistigem Amoklauf. Ihr Trainingslager, Herr Kannenberg, ist kein Ponyhof. Ihre Hardcore-Super-Nannys heißen "Respekttrainer" und schreiben keine Regeln in Schönschrift auf lange Listen. Frei nach jeder Regel der Psychologie, den Klienten da abzuholen, wo er steht, reden Sie Klartext mit den Kids: „Du tust mich hier nur verarschen!“, brüllen Sie den kleinen Albert mit den Bambiaugen und dem großen Aggressionspotenzial an. Schön ist das nicht und sprachlich nicht ganz einwandfrei. Aber wirkungsvoller als noch so ein Studierter wie ich, der dem Jungen einfühlsam Wollknötchen auf den linken Oberarm rubbelt.

Vermutlich ist das mit der Erziehung ganz simpel: Jedem Menschen muss in seinem Leben eine gewisse Menge Disziplin verabreicht werden. Startet man früh und konsequent (noch so ein Wunderwort), kann dies in homöopathischer Dosis geschehen. Wird allerdings in jungen Jahren geschlampt, hilft nur noch ein Vollbad. Sie, Herr Kannenberg, tunken die Knaben, nicht gerade zartfühlend und obwohl sie zappeln und sich wehren. Danach dürfen dann die Sozialpädagogen weitermachen.

Wenn ich abends meine Mini Gangster im Bett habe, bin ich K.o. von den "Täglich grüßt das Murmeltier Kämpfen" um nicht aufgehängte Jacken, verweigerte Lego-Monster und  geputzte Zähne. Bei den Kämpfen, die Sie täglich ausfechten, Herr Kannenberg, würde ich vermutlich morgens gar nicht mehr aufstehen.

In diesem Sinne grüßt mit Respekt!


Ihr Stephan Tiefenbacher
der.pädagogik.visionär