Wenig im Griff haben, dürften die Erzieher des „Franz-Staufer-Hof“ ihre Schützlinge. Zwei Buben im Alter von 15 und 16 Jahren unternahmen kürzlich eine deftige Spritztour ins 230 km entfernte Hinterbrühl, um die ehemalige Kinderdorfmutter von Bargeld und Gutscheinen zu befreien. Erst verschafften sich die beiden Burschen mit einem Brecheisen Zugang zum Büro des Heimleiters Ludwig Hanny, um anschließend das Dienstzimmer ihrer Erzieher zu räumen. Die Beute von rund Euro 1000,00 wurde anschließend für eine Spritztour mit Bahn und Taxi investiert.
In Hinterbrühl angekommen, folge der nächste Streich. Die ehemalige SOS Kinderdorfmutter der beiden war gerade auf Urlaub. So ergaunerten die bereits kriminell veranlagten Kids weitere 100 Euro Bargeld und Lebensmittel-Gutscheine im Wert von 600 Euro.
Immer wieder geraten Kinder und Jugendliche, aus Trägern der Freien Jugendwohlfahrt, wegen Eigentumsdelikten, Drogenmissbrauch und Gewalttätigkeiten direkt vom Heim ins Gefängnis. Roland Reichmann vom Int. Network of Human Rights kennt die Spitzenreiter und spart nicht mit Kritik »Egal ob Lebensraum Heidlmair oder SOS Kinderdorf, wir kritisieren bereits seit langem die mindere Qualifikation der dortigen Erzieher«
Am Fallbeispiel eines 8-jährigen Buben aus Kärnten erläutert Reichmann das Fiasko »Dieses Kind befindet sich seit zwei Jahren in Betreuung der Lebensraum Heidlmair GmbH Kremsmünster und dort kassiert man tausende von Euro pro Monat. Doch der Junge hat schon lange einen Stillstand in seiner Entwicklung erlebt. Die verantwortliche Sozialarbeiterin am Jugendamt des Magistrat Klagenfurt interessiert sich nicht und ihre Vorgesetzte „SPÖ Amtsmandatarin Gaschler“ erst recht nicht«
Laut Christine Gaschler-Andreasch, ihres Zeichens Unteramtsleiterin der Kärntner Landesregierung, Abteilung Jugend und Familie, gibt es keine Missstände. Mehrerlei Berichterstattungen über die Heimanlagen der von Reichmann kritisierten Lebensraum Heidlmair GmbH, sprechen allerdings eine andere Sprache. Alkoholisierte Jugendliche die Erzieherinnen attackieren, Kinder die eine Feuersbrust in der angrenzenden Kirche planen und der Vorwurf von ehemaligen Heimkindern, die offenbar mit Dauerarrest im Zimmer gebändigt wurden.
Besonders auffällig scheint aber das SOS Kinderdorf Pinkafeld. Ein prügelnder Dorfleiter, heimliche Personalrochaden und Kids die im SOS Kinderdorf mit Koks hantieren sollen, geben Anlass zur Sorge. Dazu Reichmann »Immer wieder erreichen uns Beschwerden von Eltern, deren Kinder dort untergebracht sind. Im SOS Kinderdorf Moosburg hat man sogar versucht ein Mädchen für den Gutachter gefügig zu machen. Jetzt leidet die 10-jährige unter Ess-Brech-Sucht und will nur noch mit ihrer Mama reden. Den Dorfpsychologen lehnt das Kind kategorisch ab und fühlt sich verraten und verkauft«
Bei SOS Kinderdorf Österreich in Innsbruck will man von diesen Vorfällen nichts wissen. Nachdem die ausführende Jugendhilfe Sache der Länder ist, kann auch das zuständige Ministerbüro von Andrea Kadolsky (ÖVP) nichts machen. Pressesprecher Beilein »Wir können bei der zuständigen Fachaufsicht allenfalls eine Überprüfung anregen, wie dies im Fall der Beschwerdeanträge durch www.INHR.net geschehen ist. Es gilt aber nicht einmal die Berichterstattungspflicht an das Ministerium. Deshalb sind uns die Hände gebunden«
Immer wieder geraten also Heime und Kinderdörfer ins Kreuzfeuer der Kritik. So soll das Kinderheim Treffen in Kärnten seinen Schützlingen gar verschimmeltes Essen servieren. Für Gaschler (SPÖ) unvorstellbar »Wir haben das Heim vom Dachboden bis zum Keller überprüft und keine Beanstandungen gefunden. Natürlich sind gerade katholische Kinderheime äußerst sparsam«
Unterdessen plant Bundesministerin Kadolsky eine Reform des Jugendwohlfahrtsgesetzes. Demnach sollen sämtliche Einrichtungen die mit Kindern und Jugendlichen zutun haben, also Kindergärten, Schulen und Tagesmütter, ein direktes Berichterstattungsrecht an das zuständige Jugendamt bekommen.
Für Patricia Göller der Weg in die totalitäre Staatskontrolle »Schon jetzt leben über 20.000 Kinder und Jugendliche im Heim oder bei Pflegeeltern. Die leiblichen Eltern dieser Kinder werden sprichwörtlich abgenabelt. Besonders schlimm ist die Situation zwischen den Pflegeeltern und Herkunftsfamilien. Eifersucht, Ausgrenzung und sogar Besitzanspruch auf das pflegende Kind, bringen viele leibliche Eltern zur Weißglut«
Die Initiatorin von http://www.sorgentreff.at/ fordert daher die Bestärkung der sozial schwachen Familien und eine intensive Betreuung während der Fremdunterbringung des Kindes »Die Rückführung in das Herkunftssystem muss oberste Priorität haben. Es kann nicht sein, dass Eltern über Jahre hinweg um ihr Sorgerecht bei Gericht kämpfen müssen, während die Kinder beispielsweise im SOS Kinderdorf total entfremdet werden«
Damit spielt Göller auf ein altleidiges Problem und gibt Reichmann Recht »Ich muss immer wieder bei Besuchskontakten die ich begleite feststellen, dass sich die betroffenen Kinder sogar rückentwickeln, stehlen lernen und gewaltbereites Auftreten zeigen, was zuvor bei den leiblichen Eltern nicht der Fall war.«
Kinder und Jugendliche fallen immer wieder in ihre Verhaltensmuster zurück. Das berichtet auch Alexandra in ihrem Weblog als SOS Kinderdorfmutter, nachdem sie aus ihrem Ägypten-Urlaub (ohne ihre Kinder) zurückgekehrt ist. Ein Sozialarbeiter aus Innsbruck kennt diese Problematik »Die Fremdunterbringung ist ein Mittel auf Zeit, damit die Kinder und Jugendlichen bis zur Volljährigkeit auch ohne Eltern betreut werden. Erfolge lassen sich nur selten erkennen und viele landen mit 18 oder 20 auf der Anklagebank«
Der verantwortliche Leiter des „Franz-Staufer-Hof“ war übrigens zu keiner Stellungnahme bereit. Die beiden Jugendlichen sitzen zwischenzeitlich in U-Haft und warten jetzt auf ihren Prozess.
Quelle: Nachrichtenmagazin Xlarge
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