Der australische Ministerpräsident Kevin Rudd hat sich öffentlich für die Rolle seines Landes bei der Verschickung zehntausender Kinder verarmter britischer Familien nach Australien entschuldigt. Viele der Kinder, die in den vergangenen Jahrhunderten dieses Schicksal erlitten, wurden Opfer von Missbrauch oder Vernachlässigung.
Die Kinder im Alter ab drei Jahren wurden von Grossbritannien ohne Angehörige unter anderem nach Australien verschickt. Viele derjenigen, die in den vergangenen dreieinhalb Jahrhunderten dieses Schicksal erlitten, wurden Opfer von Missbrauch oder Vernachlässigung.
Er entschuldige sich für «die absolute Tragödie verlorener Kindheiten», sagte Rudd am Montag bei einer Zeremonie in Canberra und schloss auch die sogenannten Vergessenen Australier ein. Nach einem Bericht des australischen Senats wurden im 20. Jahrhundert mehr als
An der bewegenden Zeremonie nahmen auch Vertreter der 7000 noch lebenden Betroffenen teil. Viele weinten und umarmten Leidensgenossen, als Rudd über die schmerzlichen Ereignisse der Vergangenheit sprach - Geschichten von Kindern, die mit Gürtelschnallen oder Bambusstöcken geschlagen wurden und die an Orten «ohne jede Liebe» aufwuchsen.
Dieser Tag solle ein Wendepunkt in der Geschichte Australiens sein, sagte Rudd unter dem Applaus der Anwesenden weiter. Die Regierung und die Behörden sollten alles in ihrer Macht stehende tun, damit sich so etwas nicht wiederhole. Der Ministerpräsident hatte sich im vergangenen Jahr schon bei den Aborigines für ihre langjährige Unterdrückung durch die europäischen Einwanderer entschuldigt.
Der 72-jährige John Hennessey, der im Alter von sechs Jahren aus einem britischen Waisenhaus in ein Kinderheim nach Australien verschifft wurde, zeigte Rudd nach der Zeremonie ein Bild seiner Mutter, die er auf Einladung der britischen Regierung erst 1999 in England wiedersehen konnte. Die Mutter war damals 86 Jahre alt. Hennessey wurde im Alter von zwölf Jahren vom Heimdirektor fast totgeprügelt, weil er in einem Weinberg aus Hunger unerlaubt einige Trauben gegessen hatte. Seitdem stottert er. «Was mich damals am meisten in Angst versetzt hat, war, dass ich dachte 'Das ist doch mein Vater. Was tut er?' Ich hatte niemanden sonst, und er war derjenige, zu dem ich aufsah.»
Auch britische Regierung will um Verzeihung bitten
Im Fall der zwangsweise verschickten Kinder hat auch die britische Regierung am Sonntag für das kommende Jahr eine offizielle Entschuldigung angekündigt. Schätzungen zufolge wurden von Anfang des 17. Jahrhunderts bis 1967 etwa
In einer britischen Parlamentsuntersuchung von 1998 hiess es, zu den Motiven habe neben der Entlastung des eigenen Sozialsystems auch Rassismus gehört: Die Ausfuhr von «gutem weissen Bestand» in britische Kolonien sei ein wünschenswertes Politikziel gewesen.
Die britische Hochkommissarin Valerie Amos sagte, anders als die australische Regierung, die eine Entschädigung der Opfer ausgeschlossen habe, habe London darüber noch nicht entschieden.
ddp | inhr
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