Seit dem letzten Donnerstag beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags mit einer Affäre, die den beteiligten noch erhebliche Kopfschmerzen bereiten könnte. Es geht dabei um das Vorgehen des Landes gegen vier Steuerfahnder, die mit falschen Gutachten aus dem Dienst entfernt worden waren. Die vier waren in ihrem Fach offensichtlich zu erfolgreich.
Steuerfahnder offenbar zu erfolgreich
Außerdem stemmten sie sich lange gegen eine interne Dienstanweisung, wonach Geldtransfers ins Ausland nur noch dann strafrechtlich verdächtig seien, wenn es sich um Summen über 250 000 Euro handelt oder Einzelbeträge über 150 000 Euro entdeckt werden. Die Fahnder befürchteten, dass damit große Steuerhinterzieher geschont würden, weil diese ihr Geld oft in kleine Tranchen stückeln. Weil man aber keine rechtliche Handhabe hatte, die vier Fahnder in ihrem handeln zu stoppen, erklärte man sie per psychiatrischem Gutachten kurzerhand für Dienstunfähig und leitet ihre Zwangspensionierung ein. Allerdings stellte das Berufsgericht für Heilberufe in Gießen 2009 fest, dass die psychiatrischen Gutachten, mit denen vier Steuerfahnder zwangspensioniert wurden, vorsätzlich falsch erstellt wurden.
Erinnerungen an dunkle Zeiten
Das Verfahren, unliebsame Gegner mit Hilfe von Psychiatern ruhig zu stellen und für verrückt erklären zu lassen erinnert irgendwie stark an eher dunkle Kapitel der deutschen Geschichte oder an die Sowjetunion in der nach-stalinistischen Ära. Und die Geschichte ist kein Einzelfall. Rainer Hoffmann, Betreiber der Internetseite Solarktitik.de weiß eine ganz ähnliche Geschichte zu berichte. In dem Strafverfahren gegen den “Solarkritiker” beabsichtigte der verantwortliche Einzelrichter Bock von der Strafkammer des Landgerichts Bochum im Juni 2008 den Angeklagten “psychiatrisch untersuchen” zu lassen, um von Amtswegen, so die offizielle Begründung des
Richters, die “Schuldfähigkeit” von Rainer Hoffmann feststellen zu lassen. Zu diesem Zweck wurden im Juni 2008 vom Richter Bock zwei Psychiater aus Lippstadt beauftragt. Diese Psychiater haben u.a. auch die bekannten Gladbecker Geiselgangster Rösner und Degowski psychiatrisch untersucht und deren Schuldfähigkeit damals festgestellt. Diese beiden Psychiater hatten nun seit Juni 2008 ebenfalls den Auftrag vom Gericht erhalten, die Schuldfähigkeit des Solarkritikers Rainer Hoffmann festzustellen, der wegen “Übler Nachrede angeklagt war, weil er dem Bochumer Richter Dr. Michael Krökel in zwei seiner Internet-Publikationen die Straftat “Rechtbeugung” vorwarf.
Richter fälscht Gerichtsprotokoll
In der 1. Instanz war Hoffmann am 30.07.2007 bereits zu 14.400 Euro Geldstrafe verurteilt worden. In dieser 1. Instanz des “Beleidigungsverfahren” konnte allerdings Hoffmann dem verantwortlichen Richter Dirk Vogt vom Amtsgericht Recklinghausen Fälschung des Gerichtsprotokolls nachweisen. Denn der Richter Dirk Vogt hatte eine Hoffmann entlastende Aussage eines Zeugen ins komplette Gegenteil verdreht, was Hoffmann durch Tonmitschnitte von Prozessbeobachtern aus der Hauptverhandlung beweisen kann. Diese Protokollfälschung des Recklinghäuser Richters Dirk Vogt hat Hoffmann ebenfalls im Internet publiziert, wobei abermals gegen Hoffmann wieder von der Bochumer Staatsanwaltschaft ein neues Strafverfahren wegen Richterbeleidigung eingeleitet worden ist. Allerdings gegen den Richter Dirk Vogt wurde bis heute kein Strafverfahren wegen Rechtsbeugung eingeleitet.
Wegen der 14.400 Euro Geldstrafe beantragte Hoffmann im August 2007 Berufung. In diesem Berufungsverfahren weigerte sich Hoffmann nun seit Juni 2008 vehement eine gerichtlich angesetzte “psychiatrische Untersuchung” durchführen zu lassen und lies alle Terminwünsche der Gutachter jedesmal unbeantwortet verstreichen. Mit Beschluss vom 03.04.2009 ordnete der zuständige Richter Bock per Beschluss an, dass Hoffmann ein “Pflichtverteidiger” zugewiesen werden würde und Hoffmann außerdem damit rechnen müsse, wenn er sich weiterhin weigern würde, sich psychiatrisch untersuchen zu lassen, in der Hauptverhandlung damit rechnen müsse, “psychiatrisch untergebracht” zu werden. Der Richter Bock schrieb am 03.04.2009 in seinem Beschluss wörtlich:
“Es liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung nach § 140 I Ziffer 6 StPO vor. Der Angeklagte hat sich bisher geweigert, sich von den durch die Kammer bestellten Gutachter Dr. Teuber und Dipl. Psychol. Binder explorieren zu lassen. Die Kammer muss sich vorbehalten, während der Hauptverhandlung die Frage einer Unterbringen nach § 81 StPO zu prüfen.”
Hoffmann legt gegen diesen Beschluss vom 03.04.2009 am 09.04.2009 “sofortige Beschwerde” ein und wies den verantwortlichen Richter Bock auch in seinem Beschwerdeschriftsatz daraufhin, dass er bis zum 17.04.2009 eine Aufhebung des Beschlusses vom 03.04.2009 von dem Richter erwarten würde. Denn für den 20.04.2009 war zu diesem Zeitpunkt bereits die Hauptverhandlung angesetzt gewesen. Diese sofortige Beschwerde von Hoffmann vom 09.04.2009 hatte nach § 81 Nr. 4 StPO auch aufschiebende Wirkung, was aber von dem Richter Bock ebenfalls nicht berücksichtigt wurde. Stattdessen sollte die Hauptverhandlung am 20.04.2009 ohne eine weitere Mitteilung des Richters Bock wie angekündigt stattfinden.
Bei Erscheinen droht Psychiatrische Einweisung
Am 20.04.2009 um ca. 07 Uhr faxte Rainer Hoffmann an das Gericht und teilte dem Richter Bock mit, dass er heute nicht an der Verhandlung teilnehmen könne, da er aufgrund des Beschlusses vom 03.04.2009, den der Richter Bock nicht bis zum 17.04.2009 aufgehoben hatte und der darin angedrohten “psychiatrischen Unterbringung” nach § 81 STPO eine Gefahr für sein Leben sehen würde, wenn er am heutigen Tag vor Gericht erscheinen würde.
Rainer Hoffmann erschien also am 20.04.2009 nicht zu der angesetzten Hauptverhandlung und hatte sich per Fax entschuldigt abgemeldet, wobei die Gründe eigentlich für jeden außen stehenden Dritten nachvollziehbar sein müssten, warum Hoffmann unter diesen Voraussetzungen nicht bei Gericht erscheinen konnte und durfte: Es wäre am 20.04.2009 zwangsläufig in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert worden, wenn er vor Gericht erschienen wäre.
Denn nach § 81 Nr. 2 StPO darf eine Anordnung nach § 81 Nr. 1 StPO von einem Richter eigentlich nur dann getroffen werden, wenn der Beschuldigte der Tat (hier: Richterbeleidigung) dringend verdächtig sei. Der Richter Bock war also auch wegen dieses Beschlusses vom 03.04.2009 nach § 81 StPO eigentlich befangen und hatte sein Urteil schon vor der eigentlichen Hauptverhandlung und einer möglichen Beweisaufnahme bereits gefällt. Hoffmann war also, lt. Richter Bock, bereits ohne Hauptverhandlung dringend verdächtig. Von der Unschuldsvermutung des Angeklagten scheint dieser Richter noch nie etwas gehört zu haben.
Durch das Nichterscheinen vor Gericht vom 20.04.2009 wurde die von Hoffmann beantragte Berufung verworfen und Hoffmann hat dieses Strafverfahren wegen Richterbeleidigung verloren und ist jetzt mit einer Strafe in Höhe von 14.400 Euro vorbestraft. Seine Entschuldigung für das Nichterscheinen am 20.04.2009 hat das Gericht nicht akzeptiert. Auch wurde seine Revision vor dem OLG Hamm verworfen. Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundesverfassungsgericht ebenfalls abgelehnt.
Psychiatrie als Mittel zur Vertuschung von Rechtsbeugung
Mit einem Beschluss nach § 81 StPO kann ein Richter immer nur gewinnen, wenn er eine “justizkritische” Beweisaufnahme verhindern will: Wenn der Angeklagte bei Gericht erscheint und sich weigert sich psychiatrisch untersuchen zu lassen, wird er “psychiatrisch untergebracht” und kommt als “gebrochener” und mit “Psychopharmaka vollgepumptes Wrack” aus der “Klapse”
wieder raus, den dann keiner mehr mit seinen justizkritischen Beweisen mehr für voll nehmen kann und wird. Wenn er vor Gericht wegen dieser angedrohten Unterbringung nicht erscheint, wird seine Berufung abgelehnt werden.
Die Justiz und der Richter gewinnen also in beiden Fällen. Mit der Androhung einer psychiatrischen Unterbringung nach § 81 StPO hat das Gericht im “Fall Hoffmann” eine justizkritische Beweisaufnahme verhindert und hat verhindert, dass ein Richterkollege der Bochumer Justiz der Rechtsbeugung durch die Beweisbelege von Rainer Hoffmann überführt wird. Es ist ein Unschuldiger durch Nötigung und Erpressung verurteilt worden, damit Rechtsbeugung eines Bochumer Richters nicht aufgedeckt wird.
www.readers-edition.de | Rudolf Kipp
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